Manche Klassiker altern bekanntlich eher schlecht, gerade im Bereich Science-Fiction. Alien ist eine große Ausnahme.
Seit jeher hat das Science-Fiction-Genre ein äußerst ironisches Problem. Zwar spielen seine Geschichten in der Zukunft, aber wie kaum in einem anderen Genre spiegelt sich in ihnen die Gegenwart wider, in der die Filme gedreht werden. Man mag sich nur eine alte Folge von Raumschiff Enterprise ansehen, und schon weiß man, was damit gemeint ist. Was Filmklassiker angeht haben Science-Fiction-Filme also oft das Problem, dass sie – wie man so schön sagt – schlecht gealtert sind.
Aber es gibt sie bekanntlich immer, die Ausnahme von der Regel. Ridley Scott’s Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt ist dankenswerterweise eine solche Ausnahme. Das Einzige was dem aufmerksamen Zuschauer vielleicht noch stören mag, ist die Tatsache, dass man auf der Nostromo eine Zigarette nach der anderen raucht. Aber alles konnte schließlich auch ein Ridley Scott nicht vorhersehen.
Ripley besteht auf der Quarantäne
Ach ja, eines konnte Ridley Scott ganz bestimmt nicht vorhersehen, die Coronapandemie. Und dennoch fühlt man sich an die aktuelle Situation zu Beginn des Films zwangsläufig erinnert, als das Außenteam mit dem verletzten Kane (John Hurt) zurückkehrt und Ripley (Sigourney Weaver) darauf besteht, die drei müssten zuerst eine Quarantäne einhalten. Es ist Ash (Ian Holm), der von Beginn an ein doppeltes Spiel treibt, der die Crew schließlich doch eigenmächtig ins Schiff lässt, und mit ihnen auch den Xenomorph, das Alien. Bis es ihn letztendlich selbst erwischt, hält er seine schützende Hand über den Neuankömmling. Das Überleben der Crew ist da letztlich zweitrangig.
Alien funktioniert heute noch so gut wie damals, weil die beklemmende Enge des Raumschiffs den Film über weite Strecken zu einem Kammerspiel macht, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint. Die Versuche das Alien wieder vom Schiff zu bekommen, lassen den Film schnell in einen klassischen Horrorfilm umschwenken – inklusive des im Drehbuch vorgesehenen Final Girls. Dabei schafft Scott eine Atmosphäre, die keine Minute des Films als zu lang erscheinen lässt. Selbst die Zigarettenpausen oder die Ängste von Parker (Yaphet Koto) bei seiner Provision zu kurz zu kommen binden sich flüssig in die Handlung ein. Man könnte sich gut vorstellen, der Film hätte auch in seiner Gesamtlänge von 192 Minuten veröffentlicht werden können. Tatsächlich sind es nur rund 120 Minuten geworden. Interessanterweise ist der Directors Cut sogar um einige Minuten kürzer, auch wenn es ein gefakter Directors Cut ist, weil Ridley Scott daran kaum mitwirkte. Er unterscheidet sich allerdings in einem nicht unwichtigen Punkt von der normalen Version, weil er zeigt wie sich der Xenomorph die gefangenen Menschen als lebende Nahrung für seine Nachkommenschaft einspinnt. Das Motiv sollte in den Fortsetzungen allerdings dann reichlich zur Geltung kommen.
Erwachsenenfilm in einem infantilen Genre
Alien kam in einer Zeit in die Kinos, in denen George Lucas mit Star Wars das Genre dominierte. Zwischen den Filmen liegen Welten, ein Kritiker gab seinerzeit sogar zu Protokoll, Ridley Scott hätte in einem infantilen Genre den ersten Erwachsenenfilm gedreht. Was er aber auf jeden Fall mit Alien in die Kinos brachte, war einer der ersten acitiongeladenen Filme, in denen eine Frau den Part des Helden übernahm. Anders als im klassischen Horrorfilm sorgt dieses Final Girl selbst dafür, dass es am Ende überlebt und wird nicht durch die aufgehende Sonne oder durch das Opfer eines männlichen Helden gerettet.
So oder so ist Alien zu einem zeitlosen Klassiker geworden, der ganz zurecht auch im DenkZeit Filmkanon seinen Platz gefunden hat.
Dieser Film ist Teil des DenkZeit-Filmkanons, als einer der 99 besten Filme aller Zeiten!
Thomas Matterne schreibt Geschichten seit er schreiben kann. Sein erster beruflicher Weg führte ihn jedoch in die Online-Redaktion eines Fernsehsenders. Während er jetzt eher im Bereich PR und Marketing unterwegs ist, ist er aber ebenso ein leidenschaftlicher Blogger.